16.12.2025

Intelligente Verkehrssysteme Gesetz (IVSG): Der neue Rechtsrahmen für Intelligente Verkehrssysteme und was das für die Bundesländer bedeutet 

Das Bundeskabinett hat Ende Oktober den Entwurf zur Novelle des IVS-Gesetzes verabschiedet, der nun weite Teile des Mobilitätsdatengesetzes enthält. Ziel der Novelle ist, bundesweit einheitliche Grundlagen für die Bereitstellung, Nutzung und Qualitätssicherung von Mobilitätsdaten zu schaffen und EU-rechtliche Verpflichtungen zur Umsetzung der IVS-Richtlinie umzusetzen. Derzeit wird der Entwurf in Bundesrat und Bundestag beraten.

Mobilitätsdaten umfassen Informationen über Verkehrsangebote und -infrastruktur: Baustellen und Einschränkungen im Straßenraum, Fahrpläne, Echtzeitdaten über ÖPNV, Carsharing, E-Scooter, Ladeinfrastruktur, Baustellen, Verkehrsbehinderungen, Verfügbarkeit von Verkehrsmitteln etc. Das Ziel des neuen Gesetzes zur Neuregelung des Rechtsrahmens für intelligente Verkehrssysteme im Straßenverkehr und deren Schnittstellen zu anderen Verkehrsträgern (IVSG): Die Daten sollen künftig zentral, offen und maschinenlesbar zur Verfügung stehen — über den nationalen Zugangspunkt, die Mobilithek. Zu beachten ist, dass dieser Ansatz nicht wie zuvor angedacht als eigenständiges Mobilitätsdatengesetz verfolgt werden soll, sondern in die Neufassung des IVS-Gesetzes integriert wird. Und: die Verpflichtungen selbst sind nicht neu, sondern bereits in der ITS-Richtline und ihren delegierten Verordnungen enthalten. Neu ist aber der Ordnungsrahmen und seine Ausgestaltung für die Akteure in Deutschland

Damit will die Bundesregierung die Voraussetzungen verbessern für:

  • Digitale Mobilitätsdienste in vielen Bereichen
  • multimodale Reise- und ÖPNV-Apps, die Verkehrsmittel kombinieren (z. B. Bahn + Carsharing + E-Scooter) und Buchung/Bezahlung übergreifend ermöglichen, 
  • besseres Verkehrsmanagement, effizientere Nutzung der Infrastruktur, transparentere Daten über Verkehrslage, Auslastung, und vieles mehr  
  • Förderung neuer Geschäftsmodelle und Innovation im Mobilitätssektor. 

Was ändert sich: Die wichtigsten Inhalte des Gesetzes / neuen Rechtsrahmens

Hier sind die zentralen Regelungen, die das Gesetz bzw. der neue Entwurf vorsieht oder ausgestaltet:

  • Bereitstellungspflicht für Mobilitätsdaten: Infrastrukturbetreiber, Verkehrsunternehmen, und Anbieter von Mobilitätsdiensten müssen statische und dynamische Daten liefern  (Baustellendaten, Fahrplandaten, Echtzeitinformationen, Verfügbarkeiten, Infrastrukturinformationen usw.) 
  • Zentraler Zugangspunkt (Mobilithek): Sämtliche Daten sollen über die Mobilithek als nationale Plattform verfügbar gemacht werden. Datenanbieter wie beispielsweise Kommunen, Verkehrsverbünde oder Carsharing-Anbieter müssen dort ihre Daten bereitstellen. 
  • Erstmals werden Landessysteme und nationale Systeme differenziert und diesen Rollen zugewiesen.
  • Technische und organisatorische Standards & Qualitätspflichten: Eine neue Koordinierungsstelle, angesiedelt bei der Bundesanstalt für Straßenwesen, BASt, bekommt die Aufgabe, technische Standards und Anforderungen festzulegen, Datenqualität zu sichern und Anbieter bei der Datenbereitstellung zu unterstützen. Mit DATEX II und Netex sind bereits Standards definiert, die aber auch einheitlich angewendet werden müssen, um es den Dienstleistern so einfach wie möglich zu machen 
  • Einheitliche Regeln für Lizenzierung und Nutzung: Statt individueller Verhandlung über Datennutzung sollen standardisierte Lizenzen genutzt werden, um den, bürokratischen Aufwand zu minimieren und um letztendlich den Zugang und die Nutzung der Daten zu erleichtern. 
  • Rechtsrahmen & Harmonisierung mit EU-Richtlinien: Das Gesetz setzt EU-Vorgaben um — insbesondere im Kontext intelligenter Verkehrssysteme (IVS) — und schafft nationalen Rechtsrahmen für die Datenbereitstellung und Nutzung. 

Was kommt mit Inkrafttreten auf die Bundesländer und die Kommunen zu?

Das IVSG soll Anfang 2026 in Kraft treten und dann auch rückwirkend wirksam sein. 

Für die Länder bedeutet das konkret:

  • Koordination und Zusammenarbeit mit dem Bund: Zwischen Bund und Ländern ist eine Verwaltungs- bzw. Kooperationsvereinbarung vorgesehen, um die gemeinsame Umsetzung und Einbindung bestehender oder zukünftiger Landessysteme in das nationale System si-cherzustellen. Der NERZ e.V. wird sich für die Länder in bestimmten Fragen koordinierend in die Aufstellung der Vereinbarung einbringen. Mit einem Abschluss ist noch in 2026 zu rechnen.
  • Datenlieferpflicht für Verkehrsbehörden / Infrastrukturbetreiber: Wenn Länder oder Landesbetriebe Verkehrs- oder Infrastruktur betreiben (z. B. Landesstraßen, Bauämter, Verkehrs-behörden, ÖPNV-Unternehmen etc.), müssen sie ihre relevanten maschinenlesbaren Daten (Baustellen, Straßensperrungen, Verkehrslage, Ladesäulen, ÖPNV-Informationen usw.) in der Mobilithek einstellen. Diese Pflicht trifft auch die Autobahn. Die Pflichten sind dabei abgestuft nach Netzbedeutung und Datenart: Für Autobahnen, wichtige Stadtstraßen und überregional bedeutende Netze gelten umfassendere und aktuellere Datenpflichten, während für Landes- und kommunale Netze geringere Anforderungen für die Neuerfassung vorgesehen sind. Aber immer gilt: Liegen Daten bereits digital vor, müssen sie in die europäischen Standards wie DATEX II gebracht werden. Auch Kommunen sind somit betroffen, in der Regel über landesweite Systeme oder Verkehrsverbünde. Der NERZ e.V. arbeitet mit daran, dass die Regeln praktikabel gehandhabt werden.
  • Mitwirkung bei Qualitätssicherung und Standardisierung: Falls die Länder bereits eigene Datenportale oder Landessysteme betreiben, sollen diese technisch kompatibel gemacht oder an die Mobilithek angebunden werden — inklusive Datenformate, Schnittstellen, Datenqualität. Diese Aufgabe wird schon länger vom NERZ e.V. koordiniert. Bundesländer können ihre Daten direkt oder über nachgeordnete Stellen in der Mobilithek bereitstellen. Die Verantwortung für Datenqualität, Aktualität und Vollständigkeit liegt dabei grundsätzlich bei den jeweiligen Dateninhabern (z. B. Landesbehörden, Verkehrsunternehmen, Kommunen). Die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) übernimmt als nationale Koordinierungsstelle die Vorgabe von Standards und Qualitätsanforderungen sowie unterstützende und überwachende Aufgaben. Der NERZ e.V. hilft mit, dass leistungsfähige Landessysteme aufgebaut werden.
  • Ressourcen & Personal: Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass die BASt – als Koordinierungsstelle – personell und organisatorisch ausgestattet wird. Aber je nach Umfang kann auch bei Landesbehörden zusätzlicher Aufwand entstehen — z. B. für die Datenaufbereitung, Schnittstellen, Datenpflege. 
  • Fragen der Lizenzierung und Nutzung: Wenn Länder als Dateninhaber auftreten — etwa für Verkehrsbehördendaten — müssen sie sich mit der neuen Lizenzierung und den erlaubten Nutzungsrechten auseinandersetzen.  Die Daten sollen möglichst offen zugänglich sein (Open Data / interoperabel). Die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) gibt als nationale Koordinierungsstelle den rechtlichen und technischen Rahmen vor, empfiehlt geeignete Standardlizenzen und sorgt für eine einheitliche Umsetzung, übernimmt jedoch nicht die konkrete Lizenzvergabe für einzelne Datensätze. Der NERZ e.V. setzt sich für möglichst weit verfügbare Daten ein.

Was noch zu tun ist und was offen bleibt:

  • Ob tatsächlich alle Beteiligten schon bereit sind: Bis wann alle betroffenen Behörden und Verantwortliche (von kleinen Kommunen bis großen Verkehrsverbünden) ihre Systeme angepasst haben, ist unsicher. Technisch und organisatorisch ist der Aufwand in manchen Fällen noch beträchtlich. Aber klar ist auch: An der Digitalisierung führt kein Weg vorbei, denn auch der Nutzen ist enorm, einschl. mittelfristig geringerem Personalaufwand bei den Behörden
  • Wie umfassend die Datenqualität und Standardisierung realisiert werden kann: Viele Daten werden, wenn überhaupt, noch in proprietären Formaten oder auf nicht mehr zeitgemäßen Webseiten präsentiert, die nicht schnell genug aktulaisiert werden können. Da gibt es noch viel zu tun. Es gibt aber z.T. auch großzügige Einführungszeiträume.Die Ländern sehen die Ziele des IVSG grundsätzlich positiv. Unterschiedliche Ausgangslagen machen eine sofortige vollständige Bereitstellung unrealistisch. Die im Gesetz vorgesehenen Übergangs- und Einführungszeiträume werden von den Ländern daher als notwendige Voraussetzung angesehen, um Datenqualität und Standardisierung schrittweise und praxisnah umzusetzen.

Was müssen die Bundesländer und Kommunen jetzt konkrekt tun — Handlungsempfehlungen

Sehr viele Daten sind in der Hand der Straßenverkehrsbehörden und davon gibt es in Deutschland mehrere Tausend. Der Prozess, diese Daten standardgemäß bereit zu stellen, muss daher auf mehreren Ebenen liegen. Viele Länder haben eigene Systeme zur Bündelung und Aufbereitung von Mobilitätsdaten auch für die Kommunen im Land geschaffen und mit diesen Systemen lassen sich die Herausforderungen angehen. Die Alternative, die Schaffung vieler kleiner kommunaler oder lokaler Feeds für die Mobilithek, würde den Aufwand vervielfachen und den Nutzen reduzieren.

Die Landessysteme werden zurzeit praktisch überall ertüchtigt und ausgebaut. Wie weit sie schon sind, kann man z.B. auf dem NERZ Dashboard zur Baustelleinformation sehen.

Aus diesen Landessystemen entsteht ein föderale Datenarchitektur, die effizient ist und doch den Anforderungen gerecht wird. Dass manche Länder über die gesetzlichen Forderungen hinausgehen, z.B. indem sie eigene Verteilplattformen schaffen wie etwa Mobidrom und MobiData, illustriert die Flexibilität des Ansatzes: National flächendeckend und regional vertiefend vorzugehen.

Der NERZ e.V. bündelt, diskutiert, unterstützt und artikuliert die Interessen und Beiträge der Länder und auch der Kommunen, mit denen die Länder eng kooperieren.

Er öffnet sich auch der Diskussion mit allen Stakeholdern: Am 26.03.2026 findet in Potsdam das NERZ-Kolloquium dazu statt.

 

 

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